Stadthymne

1947 wurde Karel Reiner vom Saazer „Nationalausschuss“, dem damaligen Stadtrat, gebeten, ein thematisches Lied für die Stadt zu komponieren, in der er geboren ist und ein Stück unbeschwertes Leben geführt hatte. Der Hintergrund war, dass viele tschechische Städte nach dem Krieg eine Erkennungsmelodie für den neu geschaffenen lokalen Rundfunk wollten. Meist wurde dafür ein typisches Volkslied aus der Region herangezogen.

Karel Reiner suchte ebenfalls in der Vergangenheit nach einer Inspiration. Saaz war eine der ersten Städte, die sich den Hussiten anschlossen, und zwar den „Verteidigern des Kelches“ (Kalixtiner, auch Taboriten genannt). Im Jahr 1421 widerstand das stark befestigte Saaz der Belagerung durch ein katholisches Kreuzfahrerheer so lange, bis ein hussitisches Heer zum Ersatz anrückte und so viel Schrecken verbreitete, dass die gegnerische Übermacht in Panik die Flucht ergriff.

Karel Reiner schuf nun auf der Grundlage des mittelalterlichen Hussitenlieds „Die Begrüßung der Sieger“ eine Melodie für Fanfare. Damit schlug er gleichzeitig einen Bogen zur Befreiung der Tschechoslowakei. Die Erkennungsmelodie wurde täglich bei Beginn des Radioprogramms gespielt, das per Radio oder über die städtische Lautsprecheranlage („Drahtfunk“) ausgestrahlt wurde. Außerdem kündigte sie die Verlautbarungen des städtischen Nationalkomitees an.

Die Melodie wurde für das sechsköpfige Blechbläserensemble der Prager Posaunisten instrumentiert. Im Jahr 1965, als die Stadt Saaz ihr 700-jähriges Jubiläum feierte, schrieb Karl Reiner die Stadthymne für eine große Blechbläserbesetzung um. In dieser Form wurde es vom Orchester des Innenministeriums unter der Leitung des Dirigenten Karel Vlasák aufgenommen.

(nach Milan Kuna: “Zweimal geboren. Leben und Werk von Karel Reiner“, S. 202–203)

„Die Begrüßung der Sieger“ aus: „Geschichte der alttschechischen heiligen Lieder ab dem XV. Jh.“, Karel Konrád 1893
„Die ihr Gottesstreiter seid“, aus der Notierung des Jistebnicer Kantionals (um 1420)

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