Nach dem Leid, das Karel Reiner in den Konzentrationslagern der Nazis erlitten hat, scheint es naheliegend, dass sich sein Leben sofort aufhellen würde und dass es auf dem Weg zum Glück keine Hindernisse mehr geben könne. Karel Reiner konnte sich glücklich fühlen, nach den Gräueltaten, die er erlitten hatte, wieder mit seiner Frau vereint zu sein, die er liebte. Es scheint jedoch unglaublich, dass er trotz dieses schmerzhaften und unglaublich grausamen Schicksals nun beweisen musste, dass er ein tschechischer Bürger ist. Ihm half erneut Alois Hába. Dieser schrieb eine Erklärung an die Union der freigelassenen politischen Gefangenen, dass Karel Reiner nicht nur jüdischer Herkunft sei, sondern dass er sich seit seinem Erwachsenenalter als Tscheche gefühlt und sich so verhalten habe. Kurz nach seiner Ankunft aus Dachau, nachdem er sich erholte und etwas an Gewicht gewonnen hatte, begann Reiner als Musikkritiker in der Zeitschrift „Freie Tschechoslowakei“ zu arbeiten und half Hába bei der Inszenierung seiner Oper „Mutter“ in den Räumen des ehemaligen „Neuen Deutschen Theaters“, das in „Große Oper des 5. Mai“ umbenannt worden war. Die tschechische Erstaufführung fand am 23. Mai 1947 statt, und das war nicht nur ein großer Erfolg für Alois Hába, sondern auch für Künstler wie Karel Reiner, die an dem Werk mitwirkten.
Darüber hinaus schaffte er es, wöchentlich einen Artikel für das linke Wochenblatt „Kulturpolitik“ zu schreiben, das von E. F. Burian gegründet und geleitet wurde. Karel Reiner war der Meinung, dass echte Demokratie untrennbar mit dem Begriff der kulturellen Arbeit als sozialem Dienst verbunden ist. Dies war jedoch etwas anderes als das, was sich die tschechischen Kommunisten unter der Funktion der Kunst vorstellten, die im Schlepptau der Parolen und Ideen der Kommunistischen Partei der Sowjetunion standen. Als Avantgarde-Künstler war er sich des Widerspruchs zwischen seinen eigenen Meinungen und Ansichten über zeitgenössische Musik und den Forderungen praktischer Kulturpolitik der KPČ bewusst. Diese Forderungen hatten einen Geschmack von Diktat, Befehl und Drohung. Das war etwas, das Karel bereits hautnah erfahren hatte und von dem er glaubte, dass es dauerhaft der Vergangenheit angehören würde. In dieser Zeit nahm er überwiegend neue Kompositionen zeitgenössischer tschechischer und ausländischer Künstler für den tschechischen Rundfunk auf oder gab Klavierkonzerte in Form eines abendfüllenden Rezitals.
Karel Reiner war der Einzige, der nach dem Krieg am Vierteltonklavier auftrat. Das Konzert vom 16. März 1946, bei dem er ausschließlich Kompositionen für das Vierteltonklavier von A. Hába aufführte, war eine kleine Sensation. Dieses Konzert war ursprünglich für den 15. März 1939 geplant gewesen, fand aber aufgrund der Nazi-Besatzung damals nicht statt. Mit seinen neuen Werken, die er von 1945 bis 1947 schuf, knüpfte Karel Reiner dort an, wo er während der Nazi-Besatzung aufgehört hatte, wobei er den athematischen Stil nicht aufgab. Aber er komponierte auch Lieder und Gesänge im diatonischen Stil. In dieser Zeit wurde auch seine erste Tochter Michaela geboren (1947).
Bedeutende Werke aus dieser Zeit
Sládek für Kinder. 12 Kindergedichte. Duett für hohe und tiefe Frauenstimme mit Klavierbegleitung im Vierteltonsystem. Josef Václav Sládek (1845–1912) war ein bekannter tschechischer Schriftsteller und Mitbegründer der Kinderlyrik.
Sonata brevis für Violoncello und Klavier. Karel Reiner gedenkt darin im 2. Satz mit einem Trauermarsch der Leiden jüdischer Häftlinge während einer Typhus-Epidemie im KZ Dachau-Kaufering.